#voneinanderlernen - WDST 2024
Wir haben euch gefragt, was ihr von Menschen mit Down-Syndrom gelernt habt. Viele der Geschichten findet ihr auf unserem Instagram Kanal gespeichert im Highlight WDST2024. Einige, die keinen Instagram-Kanal haben, haben uns die Geschichten per Mail geschickt und wir haben sie hier gesammelt.
DANKE - an euch alle für diese wunderbaren Einblicke in euer Leben.
Happy World-Down-Syndrome-Day 2024! Da gibt es noch so viel, was wir #voneinanderlernen können!
Lisa, Dominik & Lotta
Unsere Tochter Lotta Maj hat uns 2018 mit ihrem extra Chromosom überrascht. Sie war wie jedes andere Kind mit eigenen Vorlieben und Besonderheiten.
Lotta zeigte uns als Eltern, aber auch ihrem großen Bruder Felix viele neue und bunte Seiten des Lebens. Wir haben gesehen, wie pure Lebensfreude und echte Fröhlichkeit die Welt so viel bunter machen. Wie wertvoll es ist, ohne jegliche Vorurteile auf Menschen zuzugehen und das Glück in den kleinen Dingen zu finden. Und wir haben eine neue Sprache gelernt - die Gebärdensprache. Gleichzeitig hat Lotta uns gelehrt, was es heißt, zu kämpfen, zusammenzuhalten und dabei so viel Quatsch zu machen, dass man nur mitlachen kann. Und sie hat uns gelehrt, wie wichtig es ist, den Tod in unserer Gesellschaft nicht auszugrenzen und zu tabuisieren. Denn Lotta ist nach ihrer plötzlichen Erkrankung an akuter Leukämie im Juli 2022, acht Wochen später aufgrund von einer Infektion im Alter von 3,5 Jahren verstorben. Nur fünf Monate später wurde ihr kleiner Bruder Janosch geboren, auf den sie sich so sehr gefreut hatte.
Lotta fehlt uns an allen Ecken und Enden und gleichzeitig kämpfen wir in ihrem Namen weiter für eine bunte Welt.
Für dich, Lotta!
Teresa, Tim & Kurt
„Käsebrötchen mit knuspriger Kruste“
Wir haben von unserem Sohn Kurt mit Trisomie 21 gelernt, wie wichtig es ist auf unsere Gefühle und Bedürfnisse zu schauen, wie wohltuend es ist, uns und andere Menschen mehrmals am Tag zu umarmen und dass man ein richtig gutes Käsebrötchen an der „knusprigen Kruste“ erkennt 😊.
Sonja & Mats
Als unser Enkelkind Mats 2019 das Licht der Welt erblickte, waren wir zunächst voller Sorge, aber jetzt nach 4 Jahren überwiegen eindeutig Freude und das Glück und wir empfinden es als große Bereicherung, dass Mats den Weg in unsere Familie gefunden hat.
Die Frage, was wir von ihm gelernt haben und immer wieder neu lernen werden, ist vielschichtig.
Thema Perfektionismus:
Als Erstes steht das Ablegen von Gedanken, wie etwas zu sein hat, wann etwas zu sein hat. Menschen so annehmen wie sie sind! Mats hat sein eigenes Tempo und wir feiern jeden Entwicklungsschritt!
Thema Wertschätzung:
Wir wertschätzen all die Eltern, Familienangehörige und Therapeuten jetzt umso mehr, die Kinder mit erhöhtem Förderbedarf begleiten, fordern und nicht nachlassen in ihrem Bemühen, um ihnen als erwachsene Menschen ein eigenständiges Leben zu ermöglichen.
Thema Vertrauen:
Mats hat ein Urvertrauen in diese Welt. Er geht frei von allem Misstrauen mit einem breiten Lächeln durch den Tag, welches absolut ansteckend ist.
Authentizität und Lebensfreude:
Wir haben durch Mats gelernt, dass Tanzen immer möglich ist, jetzt und gleich, egal wie, wann und wo.
Ein Beispiel: Unsere Tochter, Mats und ich waren in Hameln unterwegs und in einer Unterführung spielte eine junge Frau auf einer Geige. Mats ist bei Musik sofort immer Feuer und Flamme und so verweilten wir dort, gaben Applaus, mussten immer wieder ein Geldstück in den Geigenkoffer legen und natürlich mittanzen. Das hat nicht nur uns gute Laune und den Tag zu etwas Besonderem gemacht, sondern auch der Geigerin, bei so viel Aufmerksamkeit und offensichtlicher Begeisterung für ihre Musik.
Ein spontaner Besuch gestern in einer Kirche in unserer Umgebung wurde zu einem emotionalen Sonntagabendausklang. Ich hörte von einem Auftritt eines Gospelchores. Die Uroma, Mats und Mara kamen mit und die herzliche, fröhliche und aufmunternde Musik steckte Mats sofort an. War er vorher etwas müde, sprühte er voll Freude und Leidenschaft. Seine Augen strahlten, er klatschte und sog alles in sich auf und steckte die Menschen um uns herum mit seiner unglaublichen Begeisterung und Herzlichkeit an.
Das Schönste aber sind Mats innigen Umarmungen und Küsse, sie gehen direkt in mein Herz, denn sie sind freiwillig und authentisch. Diese Kinder tun nichts gegen ihre Überzeugung, sie entscheiden aus dem Bauch und das ist einfach wunderbar.
Danke Mats
Claudia & Leni
Das hier auf dem Foto ist Leni.
Sie ist 5 Jahre alt und wohl die coolste Socke, die ich kenne. Wir sehen uns regelmäßig, telefonieren per FaceTime und fahren gemeinsam mit Lenis Familie in den Urlaub. Ich denke, ich habe von Leni gelernt, dass es überhaupt nicht wichtig ist, was man kann, oder nicht kann, sondern wie wichtig es ist, klar zu sagen/mitzuteilen, was man jetzt gerade möchte, und für sein Wohlbefinden braucht. Kein Getüddel, ehrlich und direkt! So sollten wir alle sein.
Veronika & Enkelkind
Mein geliebtes Enkelkind!
Ich möchte dir heute einmal Danke sagen, weil du immer für mich da bist. Danke sagen für DAS, was du durch deine positive Art tief aus meinem Inneren herausholst. Du aktivierst all meine Sinne, um die kleinen Schätze des Alltags zu sehen, zu riechen, zu schmecken, zu hören und zu fühlen. Du schenkst den kleinen Wundern der Erde die Beachtung, die wir als Erwachsene oft gar nicht mehr spüren.
Du versüßt mir den Tag mit deiner aus tiefstem Herzen kommenden Begrüßung: „OMA SCHÖN, DASS DU DA BIST. ICH FREU MICH.“ Aber auch ein „einfach-an-mir-vorbei-laufen“ nach dem Motto: „Jetzt nicht Oma,“ macht dich so liebenswert und authentisch.
Ein verliebter Blick in meinem oft so hektischen Alltag mit den Worten: „Oma kuscheln,“ lässt die Welt für einen Moment stillstehen und ich lerne einen Gang rauszunehmen, um im Hier und Jetzt zu sein. Dein mitreißendes Lachen gibt mir Kraft und Energie für den ganzen Tag und dein Wille etwas Neues zu erforschen, inspiriert mich, die Welt nochmal neu zu entdecken.
Deine Freude, Herausforderungen anzugehen begeistert mich immer wieder. „Alleine, alleine“ und „Geschafft“ sind deine Worte, die dich so manche Hürde nehmen lässt. Du bist die Architektin deines eigenen Glücks.
Ein kleiner Mensch, gerade 4 geworden, der sich selbst motiviert, ohne Angst zu scheitern, der einfach los geht, ja das bist DU. Dein Vertrauen in deine eigenen Stärken lässt dich wachsen und ich lerne täglich das Leben nicht so ernst zu nehmen.
Du schreibst dein eigenes weißes Blatt für dein Leben bunt. Die Farben wählst DU und das unbeschriebene Blatt wird kunterbunt werden und unser Leben farbenfroher machen.
Du kämpfst mal „alleine, alleine“, schaffst Dinge, die dich darin bestärken weiter zu machen und wenn es mal nicht gelingt, erlaubst du es dir um Hilfe zu bitten.
Ich fühle mich dir so nahe, wenn wir tobend auf dem Bett springen, Bälle durchs Treppenhaus werfen oder einfach nur unzählige Knetkugeln formen.
Ich fühle mich dir so nahe, wenn wir auch manchmal unmelodisch, eigene Lieder auf dem Klavier spielen oder uns tiefversunken durch einen Wust von Bilderbüchern lesen.
Ich fühle mich dir so nahe, wenn wir uns bei voller Lautstärke tanzend durch das Haus bewegen und sich alles so leicht anfühlt. Die Gedanken sind frei und dein Lachen geht unter die Haut. Wir fliegen, im Herzen pures Glück, alles fühlt sich so leicht an. Wir halten uns fest, lachen, tanzen, genießen. Mit dir mach ich alles und am besten sofort. Du bist witzig, wild und wunderbar.
Ich danke dir, dass ich erfahren durfte, dass das Perfekt -Sein nicht unser Lebensziel sein sollte. Deine Einzigartigkeit macht dich so besonders, erreicht so viele Herzen, unsere Herzen, mein Herz. Einen Augenblick lang halte ICH nun inne und sage zu DIR:
„Schön, dass DU da bist. Ich freu mich.“
Toni & Momo
Mein Name ist Toni und ich bin stolze alleinerziehende Mutter von meinem kleinen Momo. Ich bin so dankbar den kleinen Strahlemann zu haben. Er erinnert mich immer an die Leichtigkeit des Lebens. Auch wenn wir mal zu lange in der Schlange im Supermarkt stehen, strahlt er alle an und steckt alle mit seiner guten Laune an. Immer wieder erinnert er mich und die Menschen um uns herum daran - das Leben nicht so schwer zu nehmen. Voneinander lernen können wir allemal… vor allem den Moment bewusst zu leben und nicht - was morgen ist oder gestern war- sondern das JETZT zählt. Jetzt an der Kasse stehen und der überarbeiteten schlecht gelaunten Kassiererin ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Danke Momo dafür! Ich freue mich auf das, was noch kommt! Gemeinsam wird es sicher gut!
Juliane & Katharina Maria
Was habe ich von einem Mensch mit Down-Syndrom gelernt?
Unsere Katharina Maria kam im Februar 2023 zur Welt. Sie ist noch so klein und hat uns schon so viel beigebracht. Sie hat mich gelehrt, meinen Ängsten in die Augen zu blicken, diese anzunehmen und zu umarmen. Sie hat unserem älteren Sohn, meinem Mann und mir gezeigt, dass wir alles gemeinsam schaffen können!
Denn Ihre Herz-OP im September war eine unglaublich unwirkliche Situation, die so viel Kraft gekostet, dennoch gleichermaßen so viel Dankbarkeit geschenkt hat.
Katharina hat einen starken Willen, ist ein so geduldiges und liebes Wesen, so dass wir von ihrem Kampfgeist und dieser uneingeschränkten Lebensfreude jeden Tag beeindruckt sind. Sie lehrt uns pure Freude im Moment!
Bei all den Terminen und Anstrengungen, die wir hinter uns gebracht haben, kullert und robbt sie mit Eifer und Vorfreude auf ihren nächsten Entwicklungssprung durch die Welt und verzaubert uns mit ihrer Liebe und inneren Stärke.
Sie ist eine wahre Bereicherung, auf allen Ebenen unseren Lebens.
Sie ist, wir sind - und gemeinsam sind wir eine Familie, die voneinander lernt und miteinander liebt.
Laure-Elie & Claire
Unsere Tochter Claire ist 3 Jahre alt und hat Downsyndrom. Die Diagnose kam erst nach der Geburt und war ein Schock für uns. Das glückliche Leben, das wir jetzt führen, hätte ich mir nicht ausmalen können. Das Leben ist nicht immer einfach, und unser Alltag ist zwischen Therapien, Förderungen und Administration ganz schön voll. Mit Claire sind wir dennoch glücklicher denn je. Claire ist das wunderbarste Mädchen, das ich kenne. Fröhlich, mutig, lustig und willensstark. Wenn man sich als Erwachsene den Kopf über alles Mögliche zerbricht, geht sie einfach ihren Weg. Laufen? Klar, warum auch nicht. Sprechen? Wird irgendwann gehen. Fahrrad fahren? Mit dem Laufrad rasen geht schon.
Sie hat mir die Augen aufgemacht. Ich weiß nun wie wichtig es ist, sich über die kleinen Dinge des Lebens zu freuen und das Schöne zu feiern, sei es kleine Fortschritte zu feiern, oder zusammen auf alberner Musik zu tanzen, etc. Ich habe gelernt, dass das Unerwartete auch wunderschön sein kann. Ich habe gelernt, nicht alles im Voraus zu planen. Ganz nach dem Motto "life is what happens to you while you're busy making plans". Das klingt vielleicht nach einem Kalenderspruch, aber erst nachdem Claire in unser Leben gekommen ist, habe ich die Bedeutung diesen Satzes wirklich verstanden.
Cornelia & Jasper
Was habe ich von meinem Sohn mit Down-Syndrom gelernt?
Wenn ich daran denke, was Jasper kann, worin ich nicht so gut bin, dann ist es das Leben im Hier und Jetzt. Jasper kann sich nicht vorstellen, ob es gut ist, danach die Sache XY zu machen, wenn er doch gerade einer seiner Lieblingsbeschäftigungen nachgeht. Er macht sich keine Gedanken oder Sorgen um Zukünftiges, sondern lebt und liebt das, was er gerade macht.
Die Echtheit seiner Gefühle. Er verstellt sich nicht. Seine Gefühle (und Ausdrücke) sind zu jederzeit echt und genau so gemeint. Er will und muss auch nicht gefallen. Er drückt vieles unmissverständlich und klar aus. Wenn er sich morgens im Bad fertig macht und uns mit einem „Du nervst.“ ganz klar und unmissverständlich rauskomplimentiert. Und wenn man ansetzen möchte, um zu fragen, ob er nicht doch Hilfe braucht, folgt ein „Du nervst noch viel mehr.“ Er zeigt uns oft, dass wir ihm eigentlich viel mehr zutrauen können, und ihn nicht so oft „behüten“ müssen.
Sein Lachen und Quatsch machen. Er kann immer und immer und immer wieder über den gleichen Witz/Spruch lachen, auch wenn er für uns noch so einfach war. Die Freude zählt. Und die ist echt und vor allem sehr ansteckend.
Die kleinen Dinge schätzen. Wenn man Jasper zurzeit eine Freude machen und etwas schenken möchte, dann sind es Malbuch und Filzstifte. Er freut sich jedes Mal wie Bolle. Immer und immer wieder. Fragt nicht nach dem Wert der Sache.
Wenn auch vieles ein Mehr im Leben/Alltag mit einem Menschen mit Down-Syndrom bedeutet, so stellen wir eines immer wieder fest: Ohne Jasper hätten wir nur halb so viel zu lachen.